Der Wind bläst stramm von Achtern und das Schiff ist die ganze Nacht hindurch ohne Motorkraft gesegelt. Genau so soll eine Reise auf einem Segelschiff ja sein.
Am Morgen taucht am Horizont ein großer Tanker auf, der uns entgegenkommt. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man weiß, das man nicht ganz alleine auf diesem Meer ist. Aber es gibt noch etwas anderes, was uns an die Zivilisation erinnert: innerhalb von einer knappen Stunde treiben direkt am Schiff eine Boje mit Resten eines Netzes, ein Plastikkorb und eine leere Plastikflasche vorbei. Wenn man bedenkt, wie wenig befahren dieses Stück des Atlantiks ist, was muss dann erst woanders für ein Unrat im Wasser treiben?
Am Morgen während unserer Tai Chi-Übungsstunde passieren wir in etwa die Stelle, an der vor 50 Jahren die Pamir untergegangen ist. Der Kapitän gibt Signal mit der Schiffssirene und die Passagiere legen eine Schweigeminute ein. Am Abend gibt es eine uralte Dokumentation, die sich am Rande mit dem Untergang der Pamir befasst und sich ansonsten dem Leben auf dieser Art von Windjammer widmet. Nachdem wir nun durch unsere Reise ein Gefühl für die Größe dieses Schiffes bekommen haben, können wir besser verstehen , was auf den nahezu gleich großen Schiffen der P-Line abging, wenn sie in schweres Wetter gerieten.
Mehrmals tauchen Tümmler auf, springen ein paar mal synchron aus dem Wasser und schießen spielend am Schiff vorbei. Aber alles geht sehr schnell. Wer auf der falschen Seite des Schiffes auf’s Meer geschaut hat, der hat Pech gehabt.
Am Nachmittag ist wieder die belebte Knoten-Übungsstunde mit meinem neuen Freund Ashley.
Ein anderer Passagiere, ein klassischer Hamburger (er trägt den Pullover in den Farben des NRV (Norddeutscher Regattaverein), zeigt mir, wie man beispielsweise Leinen an Flaggen befestigt, oder wie man zwei Seile miteinander verbindet.
Beim Navigationsunterricht auf der Brücke fällt mir ein Vertrag ins Auge, der auf dem Kartentisch liegt. Darin sind die Konditionen festgehalten zu denen ein Matrose hier arbeiten muss. Er bekommt 800 US-Dollar im Monat. Damit sind alle Überstunden und die Sonntagsarbeit abgegolten. Selbst die Anreise muss der Mann selbst zahlen. Bleibt er nur 8 Monate an Bord, geht auch sein Heimreise-Ticket auf seine Kosten. HIV-Test und Drogentest sind übrigens für jeden, der hier an Bord arbeiten möchte, obligatorisch.
1 Kommentar:
Hey Wolle, doppelter Schotsteg, hab ich jetzt auch gelernt.
Ich habe noch nie eine so treffende Beschreibung des klassischen Hamburgers gehört :-)
Der NRV ist sozusagen ein Muss für jeden Hanseaten ...
Lieben Gruss,
Ruth
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