Heute hat der Wecker bereits um 5.30 Uhr geklingelt, denn schließlich wollten wir an Deck sein, wenn das Schiff in den Hafen von Ponta Delgada einläuft. Schon aus dem Bullauge konnten man in der Dunkelheit die ersten Lichter sehen. Zum ersten Mal seit 10 Tagen wieder Land! Direkt hinter der Brücke versammelten sich nach und nach fast alle Kreuzfahrer. Der unmittelbare Bereich war abgesperrt, weil dort der Kapitän und seine Offiziere ihrer Arbeit nachgingen. Die Segel waren schon vorher eingeholt worden und so glitten wir mit langsamer Fahrt auf die Hafeneinfahrt zu. Inzwischen schälten sich immer mehr Konturen aus der Dunkelheit heraus und aus der Nacht wurde Zwielicht, als die beiden Lotsen an Bord kletterten. „Rudder 20 ° Port side“, lautete das Kommando und Steuermann Marco kurbelte schnell an dem großen Steuerrad, um dann zurückzumelden:“20 ° Port side Captain“ . Noch ein paar Kommandos und wir lagen schließlich pünktlich um 7 Uhr längsseits hinter einem kleineren Feederschiff und einer portugiesischen Fregatte.
Nach einem kurzen Frühstück wurden wir auf zwei Busse verteilt und durften zum Inselausflug aufbrechen. Das war im Grunde ein Reinfall, denn wie man schon beim Anlegen sehen konnte, waren alle höheren Regionen der Insel von dichten Nebelwolken verhüllt.
Zunächst quälten wir uns durch den dichten (!) Verkehr der Inselhauptstadt zu einer Ananas-Plantage. Die Azoren sind nämlich bekannt für die nördlichsten Ananas-Plantagen der Welt. Hier werden die Früchte in Treibhäusern angebaut. Kein Wunder, dass sie entsprechend teuer sind. Eine Ananas in Bio-Qualität wurde im Souveniershop der Plantage für 8 Euro verkauft. Ein stolzer Preis. Mit einem kleinen Fläschchen Ananas-Likör im Gepäck ging es dann weiter zu zwei wunderschönen Kraterseen: dem blauen und dem grünen Kratersee. Nur war leider nichts von beiden Gewässern zu sehen, den sie lagen in dichtem Nebel. Selbst ein kleiner Ort, den wir kurz besichtigen konnten, verhüllte sich in grauen wabernden Schwaden. So musste unsere Reiseführerin eben wortreich beschreiben, was wir nicht sehen konnten. Gegen Mittag wurden wir zurück im Hafen an ein großen mittelalterlichen Fort freigelassen und durften nun auf eigene Faust etwas unternehmen. Rolf, Jens, Christine, Lucie, Jutta und Jürgen sowie Gisela und ich hatten uns vorher nach einem guten Restaurant erkundigt. Irgendwo am Wasser entlang sollte es liegen, Wir machen noch einen kleinen Umweg durch die quirlige Stadt mit ihren schmalen bis gar nicht vorhandenen Bürgersteigen und etwas heruntergekommenen Fassaden und wanderten zunächst bis zum Sportboothafen, wo wir das empfohlene Restaurant vermuteten. Von dort wurden wir aber weiter geschickt und die Straße zog und zog sich. Eine junge Frau, die an uns vorbei marschierte konnte uns dann mit einer etwas konkreteren Wegbeschreibung versorgen und so zogen wir in ihrem Schlepptau weiter an der Küste entlang. Wir landeten schließlich 3,5 Kilometer vom Zentrum entfernt in einer kleinen, schmalen Kneipe, die auf keinen Fall nach hervorragendem Restaurant aussah. Allerdings gab es eine Speisekarte in Englisch und der Laden machte einen etwas heruntergekommenen, aber sehr sauberen Eindruck. Eng gedrängt saßen wir zu viert an blanken Resopal-Tischen mit Papiertischdecke. Es gab ein ganz hervorragendes lokales Bier und zunächst die von Gisela georderten Vorspeisen. Oktopussalat (super), dicke Bohnen und ein anderer, nicht klar identifizierbarer Mix, dazu ein richtiges, handgemachtes Knoblauchbrot. Ein weiterer
Zwischengang war eine besondere Muschelart, die angeblich nur auf den Azoren zu finden ist. Sie waren nicht unbedingt ein Highlight. Anschließend teilten wir uns eine sehr große Scheibe Hai-Steak. Und schließlich och ein Stück vom Wrackfisch. Wir haben selten so gut gegessen. Um 16 Uhr standen wir wieder auf der Straße und konnten in der Ferne unseren großen Fünfmaster sehen. Angesichts des vollen Bauchs und der müden Füße haben wir uns dann entschlossen, mit dem Bus (für 72 Cent!) wieder zurück in die Stadt zu fahren. Eine kleine Brillenreparatur, ein Besuch im Internetcafe, eine Postkarte schreiben, ein Zwischenstopp in einem richtigen Cafe, das waren unsere restlichen Aktivitäten in Ponta Delgado.
Nach einem ganz sparsamen Abendessen (Suppe, Salat, Sorbet) kam eine Folklore-Tanzgruppe an Bord. In typischen Kostümen zeigten uns die 14 Sänger und Tänzer mit großer Begeisterung ihr Brauchtum. Sie wurden mit sehr kräftigem Applaus verabschiedet.
Schnell versammelten sich alle wieder auf dem Deck des hell erleuchteten Schiffes, dass sich dann kurz vor 22 Uhr von der Kaimauer löste, den Bug in Richtung Hafenausfahrt drehte und auf das Meer zusteuerte. Kitsch hin oder her: kaum waren wir freigekommen, wurden wieder unter den Klängen der Musik von Vangelis alle Segel gehisst und Kurs auf Malaga genommen.
Bevor wir das Licht in der Kabine ausmachen, können wir durch die Bullaugen das letzte Mal für die nächsten vier Tage Lichter an Land sehen.
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